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ZOB, Heiligenstadt

Die Anlage des Zentralen Omnibusbahnhofes mit „Park und Ride" gliedert sich städtebaulich und funktional in zwei Bereiche. Die im nordwestlichen Teil angeordnete Parkplatzanlage bildet den Rücken für den vorgelagerten, sich in Richtung Bahnhofsvorplatz orientierenden Zentralen Omnibusbahnhof. Zwischen ZOB und Bahnhofsvorplatz integriert sich als Bindeglied die Insel für den Stadtbusverkehr. Diese Anordnung gewährleistet die Nutzung von Bus-, Bahn- und Stadtlinie auf kürzesten Wegen und den ständigen Blickkontakt zwischen den verschiedenen Verkehrsmedien. Die Anfahrtsinsel ist für die gleichzeitige Frequentierung von 6 Bussen ausgerichtet. Weiterhin sind zwei Bereitstellungsparkplätze entlang des Fußweges vorgehalten. Das in der Hauptachse platzierte Funktionsgebäude nimmt den Warteraum mit Servicebereich sowie Auskunft, den Technikbereich und die WC's auf. Einen reibungsfreien Verkehrsfluss und eine optimale Ausnutzung gewährleisten die Verteilung des Busverkehrs auf zwei Ein- bzw. Ausfahrten sowie die separate Parkplatzerschließung. Die städtebauliche Fassung der Anlage zu BahnhofstraBe und Rengelröder Weg bildet der Grünzug im Süden des Grundstücks. Er umschließt, vervollständigt durch neue Bepflanzungen, den ZOB wie ein grüner Gürtel und wirkt gleichzeitig als akustischer und optischer Puffer zur umliegenden Bebauung. Die ehemalige Industriebrache hat eine deutlich spürbare Metamorphose zur „grünen Insel" vollzogen.

Die konstruktiven Elemente des Busbahnhofes sind methodisch dem Fundus der organischen Formen entnommen und nach den Prinzipien der Bionik entwickelt. Das Kunstwort Bionik setzt sich aus den Begriffen Biologie und Technik zusammen. Diese derzeit noch sehr junge Wissenschaft befasst sich mit der Übertragung der in Jahrmillionen entwickelten „Erfindungen der Natur" in die Technik, zur Optimierung von Verfahren, Methoden und Konstruktionen. Dabei geht es nicht um das eins-zu-eins Kopieren (in Form und Farbe), sondern vielmehr um das Lernen von der Natur und die technische Umsetzung der gefundenen Theorien zur optimalen Lösung von Aufgabenstellungen und Problemen. Die Dachkonstruktion des ZOB spannt sich, wie ein Schirm schützend, schalenartig über die Busanlegeplätze und bietet mit ihrer transluzenten Hülle Wartenden Unterschlupf und Schutz vor Witterungseinflüssen. Die filigrane Stahl-/Kunstglaskonstruktion unterstreicht nicht zuletzt mit zarter Linienführung und leichter Transparenz bewusst die Assoziation zu Vorbildern aus der Natur. Getragen wird die Überdachung von sich nach oben hin astartig zu einem räumlichen Tragwerk verzweigenden Stützen, die wie Bäume anmuten. Die feingliedrige, verzweigte Bauweise lässt geringe Bewegungen innerhalb der Konstruktion zu, Belastungen, z.B. aus Windkräften, können leichter abgebaut werden. Die direkte Lastabtragung ohne Umlenkung über komplizierte Knotenpunkte oder groBe Profilquerschnitte spart Material gegenüber vergleichbaren konventionellen Konstruktionen. Die bionische Bauweise bildet das Grundgerüst des Tragwerkes und definiert gleichzeitig das besondere und einzigartige Erscheinungsbild des neuen Busbahnhofes. Dieser direkte Ausdruck der konstruktiven Formalismen in der Gestalt ist ihre Eigenart. Weitere organisch geformte Elemente und Strukturen, wie z.B. der Abschluss des Sichtschutzelementes als freie farbige Wellenlinie geführt, unterstreichen das auf den natürlichen Formen basierende Gestaltungskonzept. Der gewählte Formalismus sowie die Konstruktionselemente und Materialien erzeugen mit ihrer leichten Wirkung die moderne Sprache des neuen ZOB. Die grazile, transparente Gestalt moderner Architektur, gepaart mit dem historischen Flair der bestehenden Bebauung, schaffen einen spannungsreichen Kontext, welcher das Erscheinungsbild der Kurstadt Heiligenstadt nachhaltig aufwertet.